Die Bandenwerbung beim FC Zell hat sich verschönert.
Seit einigen Tagen zu bestaunen…
Wie lässt sich das 60er-Jahre-Wohnhaus eines Bauernhofes den Vorstellungen eines jungen Paares anpassen? Sanft. Zumindest äußerlich. Und innen durch eine umfassende Erneuerung.
In dem kleinen, früher von der Landwirtschaft geprägten Ort im südlichen Landkreis von Würzburg wohnen nur ein paar Hundert Leute. Straßen und der zentrale Platz zeugen von der Dorferneuerung, Fassaden und Dächer der Häuser und Höfe wirken sauber, frisch verputzt oder renoviert. Insgesamt eher unauffällig. Also wo, bitte, ist hier das besondere Objekt?? Das weiß-graue mit den zwei Vollgeschossen, Satteldach, dem zur Straße zeigenden Giebel und dem leicht zurückspringenden Eingang im schmalen Windfang an der Traufseite sollte es sein. Klingeln, ein- und Rundgang antreten. Staunen. Hinter der relativ konventionellen Hülle verbirgt sich ein unkonventionelles, mit tollen Ideen gespicktes Haus.
Das Anwesen gehört einem jungen Paar, das sich beruflich zwar nach Würzburg und Schweinfurt orientiert, aber hier verwurzelt ist. „Für uns stand fest, dass wir hier bleiben. Die wesentliche Frage war nur wo: Siedlung oder Dorfmitte?“ Unter der Maßgabe, dass ein „Gartenersatz“ geschaffen wird, fiel die Entscheidung für den einst von Großeltern und Eltern des Bauherrn bewirtschafteten Hof. Errichtet 1963 an der Stelle seines Vorgängers, der aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammte, hatte das Wohnhaus einige Renovierungen hinter sich, entsprach im Wesentlichen aber dem Geschmack der späten 60er Jahre. Abreißen und am selben Standort – ohne Neuversiegelung des Bodens – auf selber rechteckiger Grundfläche neu bauen? „Das wäre mit Sicherheit kostengünstiger gewesen. Ging aber nicht wegen der jetzt geltenden Baugesetze. Den Bestandsschutz wollten wir nicht aufgeben und haben uns daher für einen Umbau entschieden.“ Klingt eigentlich recht harmlos. Doch wer alte und neue Grundrisse, Ansichten und Bilder vergleicht, erkennt das Maß an Veränderungen. Außen verhältnismäßig gering, innen bis auf etliche tragende Wände quasi alles neu. Selbst die traditionelle Aufteilung Wohnen-Essen-Kochen im Erdgeschoss, private Räume in Obergeschoss wurde umgekrempelt. „Hell, offen, großzügig“, diese Ansprüche ans Eigenheim teilt(e) das junge Paar mit vielen Bauherren. Da der betonierte Innenhof des an drei Seiten von Gebäuden umgebenen Anwesens zur Straße hin offen ist, kam bei ihm ein weiterer Wunsch hinzu: „Große Terrasse(n). Luftig, sonnig, den Blicken von Passanten entzogen.“
Eine private Freiluft-Ruheoase mit ordentlich Platz für Pflanzen und Gartenmöbel. Im Herbst 2010 erstellte Architekt Marcus Nebauer aus Würzburg-Zell ein erstes Konzept. Es enthielt bereits alle wesentlichen Vorschläge, um die Vorstellungen des Paares umzusetzen. Neben größeren Fensterflächen und einem von der Straßenseite nur erahnbaren versetzten Pultdach lautete ein wesentlicher: Split Level. Und zwar in einer „milden“ Variante, die das typische Trepp-aufund- ab zwischen den versetzten Ebenen vermeidet. Nebauer bewarte die ursprünglichen zwei Vollgeschosse, erweiterte die Wohnfläche aber durch einen zu ihnen versetzten Anbau.
Der Plan: Die angrenzende Scheune zurückbauen, statt Sattel- ein Flachdach drauf und dessen Fläche dann für „Wintergarten“ mit anschließender Terrasse nutzen. Weiterer Knackpunkt: die Treppe im Haus. Gewendelt, an der Westseite, durch langen, schmalen Gang mit dem Eingang verbunden. Nebauers Kunstgriff: Versetzen, Diele erweitern und für Einfall von Tageslicht sorgen.
„Klar, mein Entwurf enthielt zwar ein paar Abweichungen vom Bebauungsplan, aber der Gemeinderat gab nach längerer Diskussion grünes Licht für den Umbau. Schließlich würde damit das leerstehende Anwesen insgesamt optisch aufgewertet. Und es würden wieder junge Leute in die Ortsmitte ziehen“, so der Würzburger Architekt. Fasching 2011 begann das große Ausräumen und Abbrechen. „Wir haben den Keller 30 Zentimeter tiefer gelegt, den Altbau total entkernt und dann von Grund auf neu aufgebaut“, berichtet der 30-jährige Bauherr. 250 Tonnen Steine und anders Material, außerdem 30 Tonnen Sondermüll, schaufelten er, Familie und Freunde in wochenlanger Arbeit zum Abtransport in Container auf dem Hof. Überhaupt stecke jede Menge Eigenleistung in dem Um- beziehungsweise Neubau mit jetzt 280 m² Wohnfläche und zwei(!) Terrassen mit 70 und gut 50 m² Fläche, erzählen die Bauherrn.
Den Clou des Hauses bilden sicherlich das Pultdach über einem Teil der Diele und den anschließenden Stufen zum Seitentrakt sowie der tiefer liegende Anbau selbst. Nebauer führt den 46 m² großen „Wintergarten“ über die gesamte Schmalseite des Hauses und stattet ihn mit Fenstern und Fensterfront samt direktem Zugang auf die größere der beiden Terrassen aus. Ein Tunnelkamin (mit zwei gegenüberliegenden Fenstern) zoniert diesen als Wohnzimmer fungierenden Part des Hauses. Keine Wand hindert den Blick vom Essplatz bis zum mit großen Platten belegten „Gartenersatz“.
Dieser Aufenthaltsbereich an der Nordostseite des Einfamilienhauses hat einen unbestreitbaren Vorteil: „Im Sommer haben wir hier den ganzen Tag über Sonne, können uns aber jederzeit in den Schatten zurückziehen und brauchen dafür nicht einmal einen Sonnenschirm oder eine Markise“, sagt die junge Hausherrin. Werfen wir noch einen Blick in die mit neuer Dachgaube und neuen (Liege-)fenstern ausgestattete Mansarde. Ihr Flur erschließt einen großen Raum an der Straßenseite, eine Abstellkammer (problemlos verwandelbar in ein Duschbad) und die Dachterrasse (über dem Wintergarten), auf die man ja, wie erwähnt, auch vom ersten Obergeschoss aus gelangt. Die Beschränkung auf wenige Baumaterialien und ihre Kombination – Boden grau-weißer Designestrich, Eichendielen im Wohnbereich, Eiche für zentrale (Stahl-)Treppen, grau lackierte Kunststofffensterrahmen in Alu-Optik, farbgleiche Raffstores – unterstreichen den Eindruck von großzügigem, hellem Wohnen und verleihen dem Haus unaufdringliche Eleganz.
Die Entscheidung fiel leicht: Dieses Panorama auf Würzburg, Wald und Weinberge gibt’s nicht so oft.
Man möchte es kaum glauben. „Ursprünglich schwebte uns ja eher so ein Öko-Holzhaus vor“, sagt die Hausherrin beim Rundgang durch das Heim der fünfköpfigen Familie. Es ist ein modernes Objekt in sachlich-klarer Formensprache, zweigeschossig, die Etagen gegeneinander verschoben. Flachdach.
Kontrastreiche grau-weiße Putzfassade. Puristisch. Nicht einmal Versatzstücke eines konventionellen Öko-Gebäudes. Also ein Hörfehler? Keineswegs. Grundstückskauf und Konzept des Architekten trugen zur Umorientierung bei. Mit der Folge, dass der realisierte, vollunterkellerte Flachdachbau mitnichten ein origineller Kompromiss ist, „sondern genau so, wie wir ihn schließlich haben wollten“. Individuell abgestimmt auf das Familienleben.
An der Talseite von Wand zu Wand verglast, haben die Bewohner hier ihre ganz private Aussichtskanzel. Täglich, windund wettergeschützt. Sie gibt dem Haus das besondere Etwas und prägt die Straßenfront. Aber nicht nur hier geht der Blick ungehindert nach draußen und in die Ferne: (Großformatige) Fenster nehmen drei Viertel der Riegel-Westseite ein. Architekt Marcus Nebauer hat das Haus so in das terrassierte Hanggrundstück eingestellt, dass das Erdgeschoss gut einen halben Meter über Straßenniveau liegt. Neben dem Carport, abgetrennt durch eine halbhohe Mauer, führen einige Stufen von der Straße zum Eingang an der Nordseite des Hauses. Ein schmales Glasband flankiert die dunkle Tür, so dass direktes Tageslicht in die dahinterliegende Diele fallen kann. Zwar konventionell, aber bewährt – vor allem für eine mehrköpfige Familie mit Kindern im Schulalter – haben sich die kurzen Wege zum Gäste-WC und zur „Familiengarderobe“. Schuhe, Mäntel, Jacken verschwinden in der Kammer, verschmutzte Kleidung wird direkt in den Hauswirtschaftsraum im Keller geschickt. Der Wäscheabwurfschacht macht‘s möglich und trägt zum aufgeräumten Eingangsbereich bei. Von diesem geht es türlos ins zweigeteilte Familienzentrum: rechterhand das fast quadratische Wohnzimmer, linkerhand, nach einem schmalen Flur, Koch- und Essbereich. Allen gemeinsam – freilich aus unterschiedlichen Perspektiven – ist der Blick in den Garten, auf die von Haus und großen Natursteinquadern dreiseitig gerahmte, Passantenblicken entzogene Terrasse. Die großen Fenster und der (niveaugleiche) Holzboden innen wie außen „weiten“ die gesamte Etage. Aufgezogene Schiebetüren und ein über dem Freisitz gespanntes Sonnensegel verstärken diesen reizvollen Eindruck.
An der Verbindungsfläche zwischen Wohnen und Essen befindet sich die „offene“ Küche. Eine, über die die Bauherrin „total glücklich“ ist. Weil sie quasi im Zentrum des Erdgeschosses liegt und nicht separiert vom Familiengeschehen. Weil von ihr aus der Blick ins Freie geht. Weil sie reichlich Stauraum hat (den eine Abstellkammer am Ende des schmalen Flurs ergänzt). Und nicht zuletzt, weil die Kochinsel nicht nur den unverzichtbaren Herd, sondern Sonderausstattung aufweist: Wasserhahn und Minibecken (zusätzlich zur normalen Spüle in der Küchenzeile an der Wand) für aufbereitetes Trinkwasser, auf Wunsch mit entsprechend Kohlensäure versetzt, und für ungefiltertes, normales Leitungswasser. Das Extra ist in bundesdeutschen Haushalten nicht allzu weit verbreitet, aber bei der Küchenplanung im Neubau fallen die Kosten dafür so wenig ins Gewicht wie für den unauffällig in die Decke integrierten Dunstabzug.
Architekt Marcus Nebauer hat das Haus so in das terrassierte Hanggrundstück eingestellt, dass das Erdgeschoss gut einen halben Meter über Straßenniveau liegt.
Stichwort Decke: Während sie im Küchenbereich abgehängt ist und Beleuchtung „versteckt“, strahlt der sichtbare Beton im übrigen Erdgeschoss sachlich-nüchternes Flair aus, das „warmer“ Holzboden und freundlich weiße Fensterrahmen innen (außen grau) und Wände reduzieren. Zudem steht im Wohnzimmer an der fensterlosen Außenwand noch eine dezente und sehr effiziente Wärmequelle: ein Specksteinofen. „Wegen seines hohen Gewichts musste er auf ein besonders stabiles Fundament gestellt werden“, berichtet die Hausherrin. Die stimmungsvolle Feuerstätte zeichnet sich durch hohes Wärmespeichervermögen und Abgabe von Strahlungswärme aus (heißt: der Ofen erwärmt nicht die Luft, sondern die Flächen, auf die die Wärmestrahlen auftreffen; das hat kaum Auswirkungen auf die Luftbewegung, die Luftfeuchtigkeit bleibt unverändert).
In vielen Neubauten sind Treppen heute zentral positioniert, hier sind sie dem Blick des Besuchers entzogen: Wer ins Kellergeschoss will, steigt die der Speisekammer gegenüberliegenden Stufen hinab. Hier unten befinden sich neben Werkstatt und Lager ein Hauswirtschafts- und Technikraum, ein tageslichthelles Gästezimmer (dank höher gelegenem Fensterband) und ein auch von der Familie selbst gern genutzes Duschbad, das ob des Strukturglasfensters zum Technikraum ebenfalls etwas natürliches Licht abbekommt. Der Zugang zum Obergeschoss wird durch die Küchenwand kaschiert. Horizontal verlaufende, niedrige Maueröffnungen – laut Hausherrin hätten sie durchaus größer ausfallen können –, Fenster auf beiden Etagen direkt neben den Treppenpodesten und die transparente Brüstung (Glas, kombiniert mit metallenem Handlauf) sorgen für Helligkeit. Bei Bedarf fällt Licht von den in der Wand integrierten Leuchten auf die einläufige Treppe (Beton, kombiniert mit Holzbelag auf den Stufen).An der Südseite des langen Korridors sorgt eine Alutreppe mit Gitterroststufen für die kurze Verbindung von den privaten Räumen in den Garten. Jetzt sind die drei in einer Reihe nebeneinander liegenden Kinderzimmer praktisch gleich groß. Aber die Bauherren haben sich für die ferne Zukunft gewappnet: Ständerwände erlauben, unkompliziert Veränderungen vorzunehmen. Raumhohe Fensterfronten öffnen das Reich des Nachwuchses gen Westen, geben die Sicht frei in den Garten – und einem Kind direkten Zugang zur Dachterrasse. Den haben auch die Eltern von ihrem Schlafzimmer aus. Es liegt, ebenso wie das Bad, im auskragenden Part des Obergeschosses.
Keine Frage, dass die verglaste Nordseite an sich schon den besonderen Touch hat. Der große Clou ist aber die frei stehende Wanne vor der Fensterfront im schicken Bad. Weiße Wandfliesen kontrastieren zu großformatigen dunklen Bodenfliesen, der hölzerne Waschtischaufsatz zum weißen Doppelwaschtisch. Eine T-förmige Wand, die WC und Dusche trennt, erlaubt die raffinierte Anordnung der Sanitärobjekte. Keiner der Räume dient luxuriöser Werbung, sondern einzig dem Leben der Familie. Und die weiß ihre Privatsphäre zu schützen – mittels elektronischer Raffstores und weiterer Steuerung von Haushaltsgeräten und Einrichtungen per Bussystem. „Wir können die Lamellen so ausrichten, dass wir weiterhin raus-, aber niemand reinschauen kann.“ Bemerkenswert, dass dieses Objekt nicht nur die besondere Aussicht „einfängt“, sondern dass jeder einzelne Raum eine starke Beziehung zur Außenwelt besitzt.